WIR! – TRAINS – UV12 Digitale Methoden zur vorausschauende Instandhaltung von Schienenfahrzeugen
Das Gesamtziel des vorliegenden Verbundvorhabens ist es, die digitalen Methoden des Industrie 4.0 Ansatzes, namentlich Digitale Zwillinge („Digital Twins“), Big Data-, IoT- und Cloud-Technologien und die Datenauswertung mit Methoden des maschinellen Lernens bis hin zu Techniken, wie sie im Feld der Künstlichen Intelligenz benutzt werden, in die Schienenfahrzeuginstandhaltung einzuführen, um durch vorausschauende Instandhaltung die Zuverlässigkeit während der Lebensdauer der Fahrzeuge zu maximieren und die Wartungs- und Betriebskosten zu minimieren.
Der besondere Fokus wird dabei auf den Antriebsstrang von Schienenfahrzeugen, bestehend aus Motor (Antrieb), Getriebe (Wandlung) und Abtrieb, gelegt, da dieser ein besonders hohes Optimierungspotenzial im Sinne der Instandhaltung aufweist. Die Hauptnotwendigkeit der Wartung liegt in der hochdynamischen, schwingenden Belastung aller Komponenten. Als Konsequenz können Ermüdungsschäden an einzelnen Komponenten auftreten.
Das Auftreten von Ermüdungsschäden lässt sich prinzipiell mittels eines Betriebsfestigkeitsnachweises abschätzen. Der Nachweis enthält jedoch, vor allem aufgrund der statistischen Zusammenhänge von Werkstofffestigkeiten und auftretenden Belastungen, Unbekannte, sodass dieser einen Schaden nicht vollständig ausschließen kann. Vielmehr liefert er Aussagen zur statistischen Wahrscheinlichkeit eines Schadensereignisses und steht damit im Gegensatz zu den meisten genormten Festigkeitsnachweisen.
Deshalb ist es erforderlich, ein Instandhaltungskonzept vorzusehen, welches Schäden im Betrieb vermeidet, vorzeitig erkennt und beseitigt. Ein optimales Instandhaltungskonzept vereint somit Betriebs- und Funktionssicherheit.
Um zu verhindern, dass intakte Bauteile ausgetauscht werden, ist es nötig, den individuellen Bauteilzustand festzustellen und somit zu unterscheiden, ob ein Schaden bereits vorliegt oder naht. Hierzu ist eine Zustandsüberwachung der einzelnen Komponenten mittels geeigneter Messtechnik nötig. Auf der Grundlage einer Zustandsüberwachung während der Fahrt kann eine zustandsorientierte Instandhaltung erfolgen.
Die Zustandsüberwachung von Maschinen unterliegt jedoch einigen Restriktionen. Die beschränkte räumliche Zugänglichkeit, stark wechselnde oder verschleißende Betriebszustände bedingen, dass die gewünschte Sensorik nicht an jedem beliebigen Punkt an und in einem Antriebsstrang angebracht werden kann. Dies gilt insbesondere für die von Verschleiß und Schaden betroffenen Stellen wie Zahnflanken oder anderen Funktionsoberflächen.
Eine besondere Problematik ergibt sich aus den besonderen Anforderungen im Fahrzeugbereich. Die modernen datengetriebenen Methoden der Maintenance zielen auf die Beherrschung größerer Risiken um die Einsatzzeiten von technischen Systemen geeignet verlängern zu können. Die Sicherheit der voraussagenden Methoden hat deshalb hier einen besonderen Stellenwert.
An diesem Umstand soll das beantragte Projekt ansetzen und die digitalen Methoden der Industrie 4.0 für die Evolution der Instandhaltungskonzepte hin zu einer vorausschauenden Instandhaltung (Predictive Maintenance) weiterentwickeln und für den Einsatz im geplanten „grünen“ Triebzugdemonstrator optimieren.
Der innovative Lösungsansatz des Vorhabens besteht darin, Methoden der Industrie 4.0 Technologien in die praktische Anwendung des konventionellen Maschinenbaus – hier den Antriebsstrang des Experimentierzuges – zu bringen. Dabei spielen neuartige Ansätze des zustandsorientierten Monitorings in Kombination mit den für den Anwendungsfall des Fahrbetriebs von Schienenfahrzeugen zu entwickelnden Algorithmen des Maschinellen Lernens ebenso eine wesentliche Rolle, wie die Nutzung echtzeitfähiger, nichtlinearer digitaler Zwillinge. Insbesondere das präventive Erfassen von Problem- und Fehlerfällen aus den Zustandsaufnahmen von einer Vielzahl von Sensoren an den Aggregaten und angepasst durch kontinuierlich ablaufende Prozesse des Maschinellen Lernens lässt erwarten, dass sich die Wartungsintervalle des Antriebsstranges des Zuges wesentlich verlängern und vor allem die Ausfälle im laufenden Fahrbetrieb erheblich reduziert werden können. Der Einsatz dieser neuen Kombinationstechnologien ist im breiten industriellen Einsatz unter rauen Umweltbedingungen eines Personenzugbetriebes nicht erprobt. Da hierzu keine Langzeiterfahrungen vorliegen, ist der gewählte Lösungsansatz mit den flexiblen Möglichkeiten der in den APs des UV12 beschriebenen Teilaspekten als ausgesprochen innovativ zu sehen.
Dieses Forschungsprojekt ist ein Teilvorhaben des Projektes WIR! – Wandel zur Technologieregion – Zukunftssicherung der Region Anhalt durch Innovative und Nachhaltige Technologien für Schienenverkehrssysteme (TRAINS), Teilprojekt UV12: Digitale Methoden für vorausschauende Instandhaltung von Schienenfahrzeugen und wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung unter dem Kennzeichen 03WIR2107A gefördert.